Wie
wir mit Tieren umgehen, ist nicht erst in letzter Zeit
problematisiert worden; aber es scheint, daß gewisse bisherige
Selbstverständlichkeiten zunehmend an Legitimation verlieren:
Tierversuche für Kosmetik sind inzwischen verboten worden (nicht
jedoch für Reinigungsmittel & Arzneien), ebenso die Käfighaltung
von Legehennen, und viele Menschen stellen inzwischen die
Massentierhaltung in Frage.
Was
bestimmt unseren Umgang mit Tieren? Gründe, auf eine bestimmte Weise
mit ihnen umzugehen, gibt es viele: In der Medizin sind es die
Erforschung von Krankheiten sowie deren Therapien; in der
Landwirtschaft die Ernährung; zuhause ist es das Bedürfnis, mit
einem Tier zu leben (was auch immer das im einzelnen bedeutet). Zoos
dienen in erster Linie dem Ergötzen des Publikums; den Artenschutz
haben sie sich erst in neuerer Zeit auf die Fahne geschrieben (der
Sinn läßt sich bezweifeln). In jedem Fall besteht unser Umgang mit
Tieren darin, daß wir sie für die Befriedigung unserer Bedürfnisse
benutzen (nur in der Landwirtschaft wird ehrlicherweise von
"Nutztieren" gesprochen). Es gibt viele Kritiker dieser
Haltung; manche gehen so weit, daß sie sämtliche von Tieren
stammende Produkte ablehnen. Ob Schuhe aus Kunststoffen die bessere
Alternative v.a. in ökologischer Hinsicht sind, kann ich nicht
beurteilen.
Dürfen
wir Tiere töten? - Was heißt hier "dürfen"? Gibt es
jemanden, der uns das verbieten könnte? Aus christlicher Sicht (und
derjenigen einiger anderer Religionen) auf jeden Fall, doch da
bereits in unserer Gesellschaft viele Menschen leben, die sich als
"Atheisten" bezeichnen würden, reicht eine religiöse
Antwort natürlich nicht aus. (Soweit ich sehe, dürfen Christen
Tiere töten.) Tatsächlich wird das Töten von Tieren bei uns
gesetzlich geregelt; wer ein Tier aus den im Tierschutzgesetz
genannten Gründen töten will, braucht dafür eine behördliche
Erlaubnis. Die Frage, wie wir als Gesellschaft mit Tieren umgehen
wollen, gilt solange als entschieden, bis die diesbezüglichen
Gesetze geändert werden. Wer auch immer diese Gesetze als
verbesserungswürdig (oder auch als zu einschränkend) ansieht,
braucht dafür Argumente, die zunächst eine Diskussion anstoßen
können, dann aber auch dazu geeignet sind, möglichst viele Menschen
zur Zustimmung zu bewegen.
Könnten
wir leben, ohne Tiere zu töten? Ich bin mir nicht sicher. Selbst
Vegetarierin, verzichte ich ungern auf Käse; nicht unbedingt wegen
des Geschmacks, sondern weil es so aussieht, als würde man ohne den
Verzehr von Milchprodukten zumindest nicht genug B-Vitamine zu sich
nehmen. Um das Halten von Tieren kämen wir also nicht herum. (Sollte
ich Recht haben - wenn nicht, erledigt sich natürlich dieser Teil
meiner Argumentation. Auch dann, wenn man die Einnahme künstlich
hergestellter Vitamine für in Ordnung befindet.)
Die
Haltung von Tieren, so wie sie überwiegend geschieht, ist ohne
Respekt - das läßt sich für die Massentierhaltung ganz klar sagen.
Wenn man manche Bilder sieht, versteht man auch, daß einige Menschen
Vergleiche zu Konzentrationslagern ziehen (auch wenn man diese
Auffassung nicht teilen muß). Es gibt hier wirklich unglaublich
entwürdigende Zustände, entwürdigend für Tiere und Halter.
Aber
wo ist die Grenze? Das idyllische Wunschbild vieler Menschen besteht
in einer Tierhaltung, die beispielsweise zu "glücklichen Kühen"
führt. Wann ist eine Kuh glücklich? - Möglicherweise dann, wenn
sie eine große Wiese zur Verfügung hat, auf der sie herumlaufen
kann, saftige Kräuter zum Fressen findet, Trinkwasser, Schatten und
einen Ort zum Schutz suchen. Es ist allerdings damit zu rechnen, daß
es für unseren Milch-, Butter- und Käsebedarf nicht genügend Raum
gibt, um alle Kühe glücklich zu halten. Das würde heißen, daß
wir für eine Tierhaltung, die von Respekt getragen ist, schlicht zu
viele Menschen sind. Wenn wir also Tiere nicht respektlos behandeln
möchten, sollten wir etwas gegen unsere Überbevölkerung
unternehmen. (Das ist weder zynisch noch sarkastisch gemeint!) Wenn
wir Tiere auch zum Fleischessen brauchen, wird der Flächenverbrauch
noch größer.
Doch
selbst wenn wir genügend Platz für das Halten von "glücklichen"
Kühen oder Schweinen hätten, fände ich das Töten problematisch:
Das Schwein, das getötet werden soll, kann sich dem nicht entziehen.
Ich sehe es als respektlos an, ein Tier zu töten, das von vornherein
keine Chance hat, dem Mörder zu entkommen (so daß der heutige
"Mörder" wieder zum Jäger werden müßte, dies allerdings
mit fairen Waffen, damit sich in diesem Sinne von "Respekt"
reden ließe). Üblicherweise werden auch biologisch gehaltene
Schweine so gehalten, daß man sich ihrer nur zu bedienen braucht.
Genau das ist es, was mir aufstößt - Tiere werden gehalten, um sie
zur beliebigen Verfügung zu haben. In menschlichen Kontexten würde
man so etwas Übergriff oder Gewalt nennen. Ich sehe nicht, wieso das
für Tiere nicht gelten sollte, wenn man die Prämisse hat, mit ihnen
respektvoll umzugehen. Es ist wohl unschwer zu sehen, daß das für
Tierhaltung überhaupt gilt: Tiere werden gezeugt, um uns zur
Verfügung zu stehen. Sie dürfen sich nicht einmal von selbst
vermehren, und das ist ganz klar eine Schädigung ihrer Autonomie;
wie jede Art von Manipulation.
Daraus
folgt, daß ein respektvoller Umgang mit Tieren bedeuten würde, sie
gar nicht erst zu halten. Respekt würde heißen, Tiere so leben zu
lassen, wie sie dies ohne unseren Eingriff tun würden. Sie zu töten,
könnte man unter solchen Umständen als respektvoll ansehen, sofern
die Art der Waffen dem Tier eine Chance lassen. Der Spruch "Wer
essen will, muß arbeiten" hat an dieser Stelle seinen
ursprünglichen Sinn. Wenn töten keine Mühe macht, kann es nur
daneben sein. Wie gesagt, wenn man mit Respekt handeln will.
Für
mich ist die Ausübung von Respekt direkt an die Autonomie des
Anderen geknüpft: Respekt als Haltung sowie im Handeln gibt es nur
dort, wo der Andere nicht in seiner Autonomie geschädigt wird.
Direkt übersetzt bedeutet "Autonomie" in etwa
"Selbstbestimmung". Die Schädigung der Autonomie von
Tieren beginnt demnach mit der Domestizierung und Züchtung. Wenn
also ein Halter von Tieren, beispielsweise der Schafhirt, sich im
direkten Umgang mit seinen Schafen als respektvoll erweist, so ist
doch die Situation insgesamt bereits durch Respektlosigkeit zustande
gekommen. Daß jede neu geborene Generation von Schafen "es
nicht anders kennt", tut hierbei nichts zur Sache.
Man
kann das alles richtig finden (ich tue das nicht). Man kann
vermutlich erst recht dafür argumentieren, daß es nicht (mehr)
anders geht. Aber den in unserer Gesellschaft praktizierten Umgang
mit Tieren kann man nicht respektvoll nennen.
Tiere
werden benutzt, ausgebeutet, gequält, überhaupt erst ins Leben
gebracht, damit Menschen -- ja was eigentlich? Warum, wozu? Jetzt
wird es interessant und eigentlich unangenehm:
Zählen
wir unseren Umgang auf: Massentierhaltung (mit all ihren ekelhaften
"Begleit"erscheinungen), Tierversuche für die Forschung,
sog. Streichelzoos, Haltung in Zoologischen Gärten und Aquarien,
Dressur für sportliche Zwecke und Unterhaltung im Zirkus,
Haustierhaltung; im indirekten Umgang bekommen sie durch uns allerlei
Gifte zu schlucken (Bienen, Amphibien), werden durch Straßen in
ihrem Leben bedroht, und in aller Regel sieht es niemand als Problem
an, ihre Lebensräume immer weiter zu beschneiden. Und nur zur
Ergänzung: Wie manche Zeitgenossen so ganz nebenbei Spinnen
zertreten, aber auch Insekten mitunter haßerfüllt töten, ist nur
der direkte Ausdruck einer weit verbreiteten Respektlosigkeit
gegenüber allem, was nicht Mensch ist (und sich nicht nur im Falle
von Spinnen und Insekten prima als Projektionsobjekt für ganz
anderswo erworbene Ängste eignet).
Sehr
viele Tiere dienen der Ernährung. Die ursprüngliche Methode der
Jagd, die mir aus o.g. Gründen die einzig respektvolle Weise dafür
zu sein scheint, kann wohl nur als undurchführbar gelten: Zu viele
Menschen stehen zu wenig (Wild-)Tieren gegenüber. Es scheint, als
kämen wir um die Massentierhaltung nicht herum, selbst wenn wir es
schafften, den Fleischkonsum so weit herunterzuschrauben, daß nach
sog. "artgerechten" Haltungsbedingungen gewirtschaftet
werden könnte. (Für mich ist allerdings der Ausdruck "artgerecht"
etwas, das der Tierhaltung als solcher generell widerspricht. - Die
Gefangenschaft eines Tieres als "artgerecht" zu bezeichnen
ist absurd.)
Milchkühe
sind hochgezüchtet, um viel Milch zu geben. Abgesehen von der
körperlichen Belastung durch volle Euter, hat keine Kuh Milch, wenn
sie nicht geboren hat. Die Kälbchen werden dann mit Ersatzmilch
gefüttert, damit die Milch, die eigentlich für sie bestimmt ist,
von Menschen getrunken bzw. zu Käse etc. verarbeitet werden kann.
Das nenne ich Ausbeutung! Die Quälerei besteht dabei nicht nur
darin, daß eine Milchkuh jedes Jahr eine Schwangerschaft zu
verkraften hat, sondern auch darin, daß sie und ihr Kalb schnell
voneinander getrennt werden: emotionale Folter.
Zur
Sicherstellung der Fleischversorgung durch Tierhaltung gehört
übrigens die Bekämpfung aller Tiere, für die sich daraus eine
günstige Gelegenheit zur eigenen Nahrungsversorgung ergibt. (Und die
wir, wohl weil sie sich von uns nicht benutzen lassen, als Wildtiere
oder gleich als Raubtiere bezeichnen - wer wird hier eigentlich
beraubt?) Nicht zuletzt deshalb war der Wolf lange ausgerottet. Doch
inzwischen haben wir vergessen, daß er kein scheues Tier ist - die
Freude darüber, daß er wieder einwandert, ist daher durchaus
ambivalent. Natürlich bedient sich der Wolf an Schafherden, und auch
Menschen werden nicht unbedingt verschont (wenn auch selten
angefallen). Das Problem liegt wohl darin, daß wir aus der
Schwarz-Weiß-Haltung nicht herauskommen: Ein Tier ist danach
entweder schützenswert, oder es darf bejagt werden. Doch einem Tier
wie dem Wolf muß man beständig die Grenzen weisen; wenn er weiß,
daß er uns nicht fürchten muß, bleibt er uns nicht fern. An dieser
Stelle wird es vermutlich nicht reichen, diese Aufgabe an Jäger zu
delegieren - jeder am Rand einer Siedlung gelegene Hof muß seine
Grenzen klar machen. Nur: wenn alle Betroffenen Wölfe notfalls
töten, ist ihre erneute Ausrottung vermutlich besiegelt. Auch hier
müssen wir wohl von menschlicher Übervölkerung sprechen, wenn wir
jedenfalls Wölfen nicht dasselbe Recht auf Leben absprechen wollen,
das wir Menschen in Anspruch nehmen.
Die
Forschung ist ein etwas umfangreicheres Thema. Das Benutzen von
Tieren in der Forschung bezüglich Kosmetika ist inzwischen verboten;
das heißt aber nicht, daß z.B. Kaninchen keine ätzende
Flüssigkeiten ins Auge getropft würden, denn das Verbot erstreckt
sich z.B. nicht auf Reinigungsmittel. Und ebenso für die Erfindung
von Medikamenten sowie den Test auf Wirkungen/Nebenwirkungen ist
solche Quälerei von Tieren nach wie vor erlaubt, trotz aller
Bedenken bezüglich der Übertragbarkeit der Ergebnisse auf den
Menschen: Die Menge an Versuchstieren scheint auch ohne
"Kosmetikversuche" weiter anzusteigen.
Die
eigentlich interessante Frage in diesem Zusammenhang ist jedoch
folgende: Wie kann ein Mensch so etwas tun? Vor vielen Jahren las ich
einmal in einem Bericht über die Forschung an Menschenaffen, daß
den Tieren die Stimmbänder entfernt wurden, um sie am Schreien zu
hindern. Offensichtlich war bei den beteiligten "Forschern"
noch so viel Gespür (bzw. Bewußtheit) vorhanden, daß sie durch den
Protest (die Schmerzäußerung) der Tiere ihre Experimente nicht
hätten durchführen können. Die Konsequenz hätte
selbstverständlich sein müssen, die Experimente nicht
durchzuführen. Statt dessen haben die Forscher jedoch dafür
gesorgt, daß die Tiere in ihnen kein Mitgefühl hervorrufen konnten.
Ich gehe davon aus, daß ich nicht dafür argumentieren muß, daß es
sich hierbei um äußerste Perversion handelt.
Aber
auch wenn man ein "Labortier" liebevoll füttert und dafür
sorgt, daß es durch die Experimente nicht "unnötig"
Schmerzen erleidet, hat die Sache mit Respekt nichts zu tun. Man
benutzt ein anderes Lebewesen, bringt es auf die Welt, nur um es (wie
in der Krebsforschung) krank zu machen. Der qualvolle Tod wird in der
Regel wohl vermieden, indem man das Tier, wie es so schön
euphemistisch heißt, einschläfert. Man möchte nicht fühlen, was
man dem Tier antut.
Gerechtfertigt
wird das ganze damit, daß man auf diese Weise Menschenleben rettet,
heißt es jedenfalls. Ob das tatsächlich der Fall ist, kann ich
nicht beurteilen; die Übertragbarkeit der Ergebnisse von
Tierversuchen auf Menschen kann mit Recht angezweifelt werden, und ob
wir ohne Tierversuche nicht etwas Anderes gefunden hätten, oder
einen anderen Weg gegangen wären, wissen wir nicht. Gehen wir davon
aus, daß es sich tatsächlich so verhält, wie behauptet wird:
Handelt es sich tatsächlich um einen legitimen Grund dafür, Tiere
zu benutzen?
Ich
denke, nein. Ich finde es sogar erbärmlich. Denn dahinter steckt
eine sehr komplexe Unfähigkeit (sowie natürlich der Unwille), die
Bedingungen, denen Menschen in ihrem Leben auf der Erde ausgesetzt
sind, zu akzeptieren. Eine dieser Bedingungen heißt schlicht und
einfach: Irgendwann wird jeder Mensch sterben. Unsere Gesellschaft
lebt jedoch nach der Devise, dies möglichst lange verhindern zu
müssen (in der Regel auch noch unabhängig von der Qualität dieses
verlängerten Lebens, doch das ist ein anderes Thema). Warum
eigentlich?
Ich
höre die Empörung: Es ist doch selbstverständlich, daß man nicht
sterben will! Oder jedenfalls nicht zu früh, also wenn man noch jung
ist, oder jedenfalls einigermaßen weit entfernt von der
statistischen Lebenswahrscheinlichkeit. Allerdings ist der Tod in
unserer Gesellschaft tabuisiert; wir lernen nicht, mit ihm umzugehen.
Daher sollten wir mit der Empörung nicht zu schnell sein. Solange
wir den Tod aus unserem Leben ausgrenzen, haben wir eigentlich keine
Rechtfertigung dafür, andere Lebewesen dazu zu benutzen, ihn
hinauszuzögern. Oder auch nur ohne Krankheit zu leben. Nebenbei
gesagt: wir mögen in vielen Fällen keinen direkten Zusammenhang
nachweisen können, doch kann es nicht strittig sein, daß die durch
unsere Lebensweise bedingte Belastung unserer Atemluft, unseres
Trinkwassers und des Essens mit problematischen Stoffen uns zunehmend
krank macht. Müssen wir wirklich wissen, wie genau das funktioniert,
um es möglichst schnell zu reduzieren?!
Was
geht es ein Tier an, wenn wir die Beschränkungen unseres Lebens
nicht aushalten?
Die
Argumentation läßt sich umdrehen, um von den Extremen (Tierversuche
- keine Tierversuche) wegzukommen. Ein kranker Mensch möchte
natürlich gesund werden. Ein Tier dafür zu benutzen, ist keine
einfache Angelegenheit. Jedes Lebewesen wehrt sich, wenn es zu etwas
gezwungen werden soll, d.h. wenn ihm die eigene Entscheidung über
sein Leben genommen wird. Jedes Tier, das man greifen möchte (kennt
jeder von Haustieren), versucht instinktiv, sich in Sicherheit zu
bringen. Jeder Mensch spürt das. Wenn sich ein Kind aus meiner
Umarmung reißt, lasse ich automatisch los - wenn ich es nicht tue,
bin ich mir immerhin bewußt, daß ich gegen es Gewalt ausübe. Bei
Tieren verhält sich das nicht anders; um ein Tier, das versucht,
sich meinem Griff zu entwinden, weiter festzuhalten, muß ich den
Impuls, es loszulassen, aktiv unterbinden. Wenn es dabei quiekt, muß
ich gegen mein Mitgefühl handeln (was sachlich geboten sein kann,
wenn es z.B. darum geht, einem verletzten (Haus-)Tier zu helfen).
Für
mich ist beim Umgang mit Tieren genau dieses entscheidend: Es muß
das eigene Mitgefühl mit dem Tier jederzeit präsent bleiben. Wenn
ich ein Tier zu meinem Nutzen quälen oder töten will, muß ich
lernen, das auszuhalten. Noch mal: Es gilt, das auszuhalten.
Forscher, die Tieren Schmerzmittel verabreichen, müssen den Schmerz
des Tieres nicht aushalten. Sie können sich also die respektlose
Handlung schmackhaft machen, indem sie die Wahrnehmung des Schmerzes
einfach ausschalten. Und so können sie die Anzahl der Tiere, die sie
in ihren Experimenten "verarbeiten", beliebig ausdehnen.
Ein ganzes Forscherleben lang. (Ich bezweifle, daß dieser
menschlichen Verrohung mit Ethik beizukommen ist.)
Mit
solchen Gefühlen bewußt umzugehen, anstatt für ihre Verdrängung
zu sorgen, würde den Umfang quälerischen Verhaltens sicher immens
verringern (und Medizin und Wissenschaft dazu bringen, auf andere
Verfahren zur Gewinnung von Erkenntnis zu setzen). Denn einer großen
Anzahl Tieren derart zu begegnen, könnte kein Mensch verarbeiten,
erst recht nicht im Dauerbetrieb (man denke hierbei auch an die
Fließband-Tötung in Schlachthöfen). Insofern wir Tiere für unser
Leben und Überleben nutzen wollen oder müssen, stellt sich also
nicht nur die Frage des Verhältnisses zu ihnen bzw. welche Haltung
wir ihnen gegenüber einnehmen (in Bezug auf die Massentierhaltung
handelt es sich sicherlich nicht um eine Haltung, die den anderen
noch als Lebewesen sieht), sondern es ist auch die Frage nach unserem
Selbstverhältnis aufgeworfen; denn um bestimmte "Schweinereien"
tun zu können, müssen wir uns gefühllos halten. Doch was macht das
mit uns? Und hat das nicht letzten Endes auch Auswirkungen auf den
Umgang nicht nur mit uns selbst, sondern ebenfalls gegenüber anderen
Menschen? Wer sich im Umgang mit Tieren in Mitgefühllosigkeit einübt
- kann man von diesem ernsthaft annehmen, er könne dieses Mitgefühl
Menschen gegenüber plötzlich wieder einnehmen?
Niemand
kann ernsthaft bestreiten, daß Gefangenschaft für ein Tier
Gefangenschaft bedeutet. Ein Tier, das nicht rennen kann; das das
übliche Sozialverhalten unter Artgenossen nicht einüben kann; das
sich nicht aus eigenem Antrieb fortpflanzen kann; das den Wind, die
Sonne, den Regen nicht spüren kann, ja wohl niemals zu Gesicht
bekommt: Das ist eine Schande für die angeblich so zivilisierte
Welt. Die wahren Barbaren, sie leben heute, in Form der Zivilisation;
nicht in grauer Vorzeit und auch nicht in Form von uns so genannten
Naturvölkern.
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