Montag, 6. April 2015

Unser Umgang mit Tieren

Wie wir mit Tieren umgehen, ist nicht erst in letzter Zeit problematisiert worden; aber es scheint, daß gewisse bisherige Selbstverständlichkeiten zunehmend an Legitimation verlieren: Tierversuche für Kosmetik sind inzwischen verboten worden (nicht jedoch für Reinigungsmittel & Arzneien), ebenso die Käfighaltung von Legehennen, und viele Menschen stellen inzwischen die Massentierhaltung in Frage.

Was bestimmt unseren Umgang mit Tieren? Gründe, auf eine bestimmte Weise mit ihnen umzugehen, gibt es viele: In der Medizin sind es die Erforschung von Krankheiten sowie deren Therapien; in der Landwirtschaft die Ernährung; zuhause ist es das Bedürfnis, mit einem Tier zu leben (was auch immer das im einzelnen bedeutet). Zoos dienen in erster Linie dem Ergötzen des Publikums; den Artenschutz haben sie sich erst in neuerer Zeit auf die Fahne geschrieben (der Sinn läßt sich bezweifeln). In jedem Fall besteht unser Umgang mit Tieren darin, daß wir sie für die Befriedigung unserer Bedürfnisse benutzen (nur in der Landwirtschaft wird ehrlicherweise von "Nutztieren" gesprochen). Es gibt viele Kritiker dieser Haltung; manche gehen so weit, daß sie sämtliche von Tieren stammende Produkte ablehnen. Ob Schuhe aus Kunststoffen die bessere Alternative v.a. in ökologischer Hinsicht sind, kann ich nicht beurteilen.

Dürfen wir Tiere töten? - Was heißt hier "dürfen"? Gibt es jemanden, der uns das verbieten könnte? Aus christlicher Sicht (und derjenigen einiger anderer Religionen) auf jeden Fall, doch da bereits in unserer Gesellschaft viele Menschen leben, die sich als "Atheisten" bezeichnen würden, reicht eine religiöse Antwort natürlich nicht aus. (Soweit ich sehe, dürfen Christen Tiere töten.) Tatsächlich wird das Töten von Tieren bei uns gesetzlich geregelt; wer ein Tier aus den im Tierschutzgesetz genannten Gründen töten will, braucht dafür eine behördliche Erlaubnis. Die Frage, wie wir als Gesellschaft mit Tieren umgehen wollen, gilt solange als entschieden, bis die diesbezüglichen Gesetze geändert werden. Wer auch immer diese Gesetze als verbesserungswürdig (oder auch als zu einschränkend) ansieht, braucht dafür Argumente, die zunächst eine Diskussion anstoßen können, dann aber auch dazu geeignet sind, möglichst viele Menschen zur Zustimmung zu bewegen.

Könnten wir leben, ohne Tiere zu töten? Ich bin mir nicht sicher. Selbst Vegetarierin, verzichte ich ungern auf Käse; nicht unbedingt wegen des Geschmacks, sondern weil es so aussieht, als würde man ohne den Verzehr von Milchprodukten zumindest nicht genug B-Vitamine zu sich nehmen. Um das Halten von Tieren kämen wir also nicht herum. (Sollte ich Recht haben - wenn nicht, erledigt sich natürlich dieser Teil meiner Argumentation. Auch dann, wenn man die Einnahme künstlich hergestellter Vitamine für in Ordnung befindet.)

Die Haltung von Tieren, so wie sie überwiegend geschieht, ist ohne Respekt - das läßt sich für die Massentierhaltung ganz klar sagen. Wenn man manche Bilder sieht, versteht man auch, daß einige Menschen Vergleiche zu Konzentrationslagern ziehen (auch wenn man diese Auffassung nicht teilen muß). Es gibt hier wirklich unglaublich entwürdigende Zustände, entwürdigend für Tiere und Halter.
Aber wo ist die Grenze? Das idyllische Wunschbild vieler Menschen besteht in einer Tierhaltung, die beispielsweise zu "glücklichen Kühen" führt. Wann ist eine Kuh glücklich? - Möglicherweise dann, wenn sie eine große Wiese zur Verfügung hat, auf der sie herumlaufen kann, saftige Kräuter zum Fressen findet, Trinkwasser, Schatten und einen Ort zum Schutz suchen. Es ist allerdings damit zu rechnen, daß es für unseren Milch-, Butter- und Käsebedarf nicht genügend Raum gibt, um alle Kühe glücklich zu halten. Das würde heißen, daß wir für eine Tierhaltung, die von Respekt getragen ist, schlicht zu viele Menschen sind. Wenn wir also Tiere nicht respektlos behandeln möchten, sollten wir etwas gegen unsere Überbevölkerung unternehmen. (Das ist weder zynisch noch sarkastisch gemeint!) Wenn wir Tiere auch zum Fleischessen brauchen, wird der Flächenverbrauch noch größer.
Doch selbst wenn wir genügend Platz für das Halten von "glücklichen" Kühen oder Schweinen hätten, fände ich das Töten problematisch: Das Schwein, das getötet werden soll, kann sich dem nicht entziehen. Ich sehe es als respektlos an, ein Tier zu töten, das von vornherein keine Chance hat, dem Mörder zu entkommen (so daß der heutige "Mörder" wieder zum Jäger werden müßte, dies allerdings mit fairen Waffen, damit sich in diesem Sinne von "Respekt" reden ließe). Üblicherweise werden auch biologisch gehaltene Schweine so gehalten, daß man sich ihrer nur zu bedienen braucht. Genau das ist es, was mir aufstößt - Tiere werden gehalten, um sie zur beliebigen Verfügung zu haben. In menschlichen Kontexten würde man so etwas Übergriff oder Gewalt nennen. Ich sehe nicht, wieso das für Tiere nicht gelten sollte, wenn man die Prämisse hat, mit ihnen respektvoll umzugehen. Es ist wohl unschwer zu sehen, daß das für Tierhaltung überhaupt gilt: Tiere werden gezeugt, um uns zur Verfügung zu stehen. Sie dürfen sich nicht einmal von selbst vermehren, und das ist ganz klar eine Schädigung ihrer Autonomie; wie jede Art von Manipulation.

Daraus folgt, daß ein respektvoller Umgang mit Tieren bedeuten würde, sie gar nicht erst zu halten. Respekt würde heißen, Tiere so leben zu lassen, wie sie dies ohne unseren Eingriff tun würden. Sie zu töten, könnte man unter solchen Umständen als respektvoll ansehen, sofern die Art der Waffen dem Tier eine Chance lassen. Der Spruch "Wer essen will, muß arbeiten" hat an dieser Stelle seinen ursprünglichen Sinn. Wenn töten keine Mühe macht, kann es nur daneben sein. Wie gesagt, wenn man mit Respekt handeln will.

Für mich ist die Ausübung von Respekt direkt an die Autonomie des Anderen geknüpft: Respekt als Haltung sowie im Handeln gibt es nur dort, wo der Andere nicht in seiner Autonomie geschädigt wird. Direkt übersetzt bedeutet "Autonomie" in etwa "Selbstbestimmung". Die Schädigung der Autonomie von Tieren beginnt demnach mit der Domestizierung und Züchtung. Wenn also ein Halter von Tieren, beispielsweise der Schafhirt, sich im direkten Umgang mit seinen Schafen als respektvoll erweist, so ist doch die Situation insgesamt bereits durch Respektlosigkeit zustande gekommen. Daß jede neu geborene Generation von Schafen "es nicht anders kennt", tut hierbei nichts zur Sache.

Man kann das alles richtig finden (ich tue das nicht). Man kann vermutlich erst recht dafür argumentieren, daß es nicht (mehr) anders geht. Aber den in unserer Gesellschaft praktizierten Umgang mit Tieren kann man nicht respektvoll nennen.

Tiere werden benutzt, ausgebeutet, gequält, überhaupt erst ins Leben gebracht, damit Menschen -- ja was eigentlich? Warum, wozu? Jetzt wird es interessant und eigentlich unangenehm:
Zählen wir unseren Umgang auf: Massentierhaltung (mit all ihren ekelhaften "Begleit"erscheinungen), Tierversuche für die Forschung, sog. Streichelzoos, Haltung in Zoologischen Gärten und Aquarien, Dressur für sportliche Zwecke und Unterhaltung im Zirkus, Haustierhaltung; im indirekten Umgang bekommen sie durch uns allerlei Gifte zu schlucken (Bienen, Amphibien), werden durch Straßen in ihrem Leben bedroht, und in aller Regel sieht es niemand als Problem an, ihre Lebensräume immer weiter zu beschneiden. Und nur zur Ergänzung: Wie manche Zeitgenossen so ganz nebenbei Spinnen zertreten, aber auch Insekten mitunter haßerfüllt töten, ist nur der direkte Ausdruck einer weit verbreiteten Respektlosigkeit gegenüber allem, was nicht Mensch ist (und sich nicht nur im Falle von Spinnen und Insekten prima als Projektionsobjekt für ganz anderswo erworbene Ängste eignet).

Sehr viele Tiere dienen der Ernährung. Die ursprüngliche Methode der Jagd, die mir aus o.g. Gründen die einzig respektvolle Weise dafür zu sein scheint, kann wohl nur als undurchführbar gelten: Zu viele Menschen stehen zu wenig (Wild-)Tieren gegenüber. Es scheint, als kämen wir um die Massentierhaltung nicht herum, selbst wenn wir es schafften, den Fleischkonsum so weit herunterzuschrauben, daß nach sog. "artgerechten" Haltungsbedingungen gewirtschaftet werden könnte. (Für mich ist allerdings der Ausdruck "artgerecht" etwas, das der Tierhaltung als solcher generell widerspricht. - Die Gefangenschaft eines Tieres als "artgerecht" zu bezeichnen ist absurd.)

Milchkühe sind hochgezüchtet, um viel Milch zu geben. Abgesehen von der körperlichen Belastung durch volle Euter, hat keine Kuh Milch, wenn sie nicht geboren hat. Die Kälbchen werden dann mit Ersatzmilch gefüttert, damit die Milch, die eigentlich für sie bestimmt ist, von Menschen getrunken bzw. zu Käse etc. verarbeitet werden kann. Das nenne ich Ausbeutung! Die Quälerei besteht dabei nicht nur darin, daß eine Milchkuh jedes Jahr eine Schwangerschaft zu verkraften hat, sondern auch darin, daß sie und ihr Kalb schnell voneinander getrennt werden: emotionale Folter.

Zur Sicherstellung der Fleischversorgung durch Tierhaltung gehört übrigens die Bekämpfung aller Tiere, für die sich daraus eine günstige Gelegenheit zur eigenen Nahrungsversorgung ergibt. (Und die wir, wohl weil sie sich von uns nicht benutzen lassen, als Wildtiere oder gleich als Raubtiere bezeichnen - wer wird hier eigentlich beraubt?) Nicht zuletzt deshalb war der Wolf lange ausgerottet. Doch inzwischen haben wir vergessen, daß er kein scheues Tier ist - die Freude darüber, daß er wieder einwandert, ist daher durchaus ambivalent. Natürlich bedient sich der Wolf an Schafherden, und auch Menschen werden nicht unbedingt verschont (wenn auch selten angefallen). Das Problem liegt wohl darin, daß wir aus der Schwarz-Weiß-Haltung nicht herauskommen: Ein Tier ist danach entweder schützenswert, oder es darf bejagt werden. Doch einem Tier wie dem Wolf muß man beständig die Grenzen weisen; wenn er weiß, daß er uns nicht fürchten muß, bleibt er uns nicht fern. An dieser Stelle wird es vermutlich nicht reichen, diese Aufgabe an Jäger zu delegieren - jeder am Rand einer Siedlung gelegene Hof muß seine Grenzen klar machen. Nur: wenn alle Betroffenen Wölfe notfalls töten, ist ihre erneute Ausrottung vermutlich besiegelt. Auch hier müssen wir wohl von menschlicher Übervölkerung sprechen, wenn wir jedenfalls Wölfen nicht dasselbe Recht auf Leben absprechen wollen, das wir Menschen in Anspruch nehmen.

Die Forschung ist ein etwas umfangreicheres Thema. Das Benutzen von Tieren in der Forschung bezüglich Kosmetika ist inzwischen verboten; das heißt aber nicht, daß z.B. Kaninchen keine ätzende Flüssigkeiten ins Auge getropft würden, denn das Verbot erstreckt sich z.B. nicht auf Reinigungsmittel. Und ebenso für die Erfindung von Medikamenten sowie den Test auf Wirkungen/Nebenwirkungen ist solche Quälerei von Tieren nach wie vor erlaubt, trotz aller Bedenken bezüglich der Übertragbarkeit der Ergebnisse auf den Menschen: Die Menge an Versuchstieren scheint auch ohne "Kosmetikversuche" weiter anzusteigen.

Die eigentlich interessante Frage in diesem Zusammenhang ist jedoch folgende: Wie kann ein Mensch so etwas tun? Vor vielen Jahren las ich einmal in einem Bericht über die Forschung an Menschenaffen, daß den Tieren die Stimmbänder entfernt wurden, um sie am Schreien zu hindern. Offensichtlich war bei den beteiligten "Forschern" noch so viel Gespür (bzw. Bewußtheit) vorhanden, daß sie durch den Protest (die Schmerzäußerung) der Tiere ihre Experimente nicht hätten durchführen können. Die Konsequenz hätte selbstverständlich sein müssen, die Experimente nicht durchzuführen. Statt dessen haben die Forscher jedoch dafür gesorgt, daß die Tiere in ihnen kein Mitgefühl hervorrufen konnten. Ich gehe davon aus, daß ich nicht dafür argumentieren muß, daß es sich hierbei um äußerste Perversion handelt.
Aber auch wenn man ein "Labortier" liebevoll füttert und dafür sorgt, daß es durch die Experimente nicht "unnötig" Schmerzen erleidet, hat die Sache mit Respekt nichts zu tun. Man benutzt ein anderes Lebewesen, bringt es auf die Welt, nur um es (wie in der Krebsforschung) krank zu machen. Der qualvolle Tod wird in der Regel wohl vermieden, indem man das Tier, wie es so schön euphemistisch heißt, einschläfert. Man möchte nicht fühlen, was man dem Tier antut.
Gerechtfertigt wird das ganze damit, daß man auf diese Weise Menschenleben rettet, heißt es jedenfalls. Ob das tatsächlich der Fall ist, kann ich nicht beurteilen; die Übertragbarkeit der Ergebnisse von Tierversuchen auf Menschen kann mit Recht angezweifelt werden, und ob wir ohne Tierversuche nicht etwas Anderes gefunden hätten, oder einen anderen Weg gegangen wären, wissen wir nicht. Gehen wir davon aus, daß es sich tatsächlich so verhält, wie behauptet wird: Handelt es sich tatsächlich um einen legitimen Grund dafür, Tiere zu benutzen?
Ich denke, nein. Ich finde es sogar erbärmlich. Denn dahinter steckt eine sehr komplexe Unfähigkeit (sowie natürlich der Unwille), die Bedingungen, denen Menschen in ihrem Leben auf der Erde ausgesetzt sind, zu akzeptieren. Eine dieser Bedingungen heißt schlicht und einfach: Irgendwann wird jeder Mensch sterben. Unsere Gesellschaft lebt jedoch nach der Devise, dies möglichst lange verhindern zu müssen (in der Regel auch noch unabhängig von der Qualität dieses verlängerten Lebens, doch das ist ein anderes Thema). Warum eigentlich?
Ich höre die Empörung: Es ist doch selbstverständlich, daß man nicht sterben will! Oder jedenfalls nicht zu früh, also wenn man noch jung ist, oder jedenfalls einigermaßen weit entfernt von der statistischen Lebenswahrscheinlichkeit. Allerdings ist der Tod in unserer Gesellschaft tabuisiert; wir lernen nicht, mit ihm umzugehen. Daher sollten wir mit der Empörung nicht zu schnell sein. Solange wir den Tod aus unserem Leben ausgrenzen, haben wir eigentlich keine Rechtfertigung dafür, andere Lebewesen dazu zu benutzen, ihn hinauszuzögern. Oder auch nur ohne Krankheit zu leben. Nebenbei gesagt: wir mögen in vielen Fällen keinen direkten Zusammenhang nachweisen können, doch kann es nicht strittig sein, daß die durch unsere Lebensweise bedingte Belastung unserer Atemluft, unseres Trinkwassers und des Essens mit problematischen Stoffen uns zunehmend krank macht. Müssen wir wirklich wissen, wie genau das funktioniert, um es möglichst schnell zu reduzieren?!

Was geht es ein Tier an, wenn wir die Beschränkungen unseres Lebens nicht aushalten?

Die Argumentation läßt sich umdrehen, um von den Extremen (Tierversuche - keine Tierversuche) wegzukommen. Ein kranker Mensch möchte natürlich gesund werden. Ein Tier dafür zu benutzen, ist keine einfache Angelegenheit. Jedes Lebewesen wehrt sich, wenn es zu etwas gezwungen werden soll, d.h. wenn ihm die eigene Entscheidung über sein Leben genommen wird. Jedes Tier, das man greifen möchte (kennt jeder von Haustieren), versucht instinktiv, sich in Sicherheit zu bringen. Jeder Mensch spürt das. Wenn sich ein Kind aus meiner Umarmung reißt, lasse ich automatisch los - wenn ich es nicht tue, bin ich mir immerhin bewußt, daß ich gegen es Gewalt ausübe. Bei Tieren verhält sich das nicht anders; um ein Tier, das versucht, sich meinem Griff zu entwinden, weiter festzuhalten, muß ich den Impuls, es loszulassen, aktiv unterbinden. Wenn es dabei quiekt, muß ich gegen mein Mitgefühl handeln (was sachlich geboten sein kann, wenn es z.B. darum geht, einem verletzten (Haus-)Tier zu helfen).
Für mich ist beim Umgang mit Tieren genau dieses entscheidend: Es muß das eigene Mitgefühl mit dem Tier jederzeit präsent bleiben. Wenn ich ein Tier zu meinem Nutzen quälen oder töten will, muß ich lernen, das auszuhalten. Noch mal: Es gilt, das auszuhalten. Forscher, die Tieren Schmerzmittel verabreichen, müssen den Schmerz des Tieres nicht aushalten. Sie können sich also die respektlose Handlung schmackhaft machen, indem sie die Wahrnehmung des Schmerzes einfach ausschalten. Und so können sie die Anzahl der Tiere, die sie in ihren Experimenten "verarbeiten", beliebig ausdehnen. Ein ganzes Forscherleben lang. (Ich bezweifle, daß dieser menschlichen Verrohung mit Ethik beizukommen ist.)

Mit solchen Gefühlen bewußt umzugehen, anstatt für ihre Verdrängung zu sorgen, würde den Umfang quälerischen Verhaltens sicher immens verringern (und Medizin und Wissenschaft dazu bringen, auf andere Verfahren zur Gewinnung von Erkenntnis zu setzen). Denn einer großen Anzahl Tieren derart zu begegnen, könnte kein Mensch verarbeiten, erst recht nicht im Dauerbetrieb (man denke hierbei auch an die Fließband-Tötung in Schlachthöfen). Insofern wir Tiere für unser Leben und Überleben nutzen wollen oder müssen, stellt sich also nicht nur die Frage des Verhältnisses zu ihnen bzw. welche Haltung wir ihnen gegenüber einnehmen (in Bezug auf die Massentierhaltung handelt es sich sicherlich nicht um eine Haltung, die den anderen noch als Lebewesen sieht), sondern es ist auch die Frage nach unserem Selbstverhältnis aufgeworfen; denn um bestimmte "Schweinereien" tun zu können, müssen wir uns gefühllos halten. Doch was macht das mit uns? Und hat das nicht letzten Endes auch Auswirkungen auf den Umgang nicht nur mit uns selbst, sondern ebenfalls gegenüber anderen Menschen? Wer sich im Umgang mit Tieren in Mitgefühllosigkeit einübt - kann man von diesem ernsthaft annehmen, er könne dieses Mitgefühl Menschen gegenüber plötzlich wieder einnehmen?

Niemand kann ernsthaft bestreiten, daß Gefangenschaft für ein Tier Gefangenschaft bedeutet. Ein Tier, das nicht rennen kann; das das übliche Sozialverhalten unter Artgenossen nicht einüben kann; das sich nicht aus eigenem Antrieb fortpflanzen kann; das den Wind, die Sonne, den Regen nicht spüren kann, ja wohl niemals zu Gesicht bekommt: Das ist eine Schande für die angeblich so zivilisierte Welt. Die wahren Barbaren, sie leben heute, in Form der Zivilisation; nicht in grauer Vorzeit und auch nicht in Form von uns so genannten Naturvölkern.